"MS Cumulus"
                                                    Winter 2004/2005
 
 
Donnerstag 04.11. Enkhuizen - Lemmer
     
     
     
     

 Donnerstag, 04.11., Enkhuizen - Lemmer

Wollte schon gestern fahren, war aber nebelig, Sicht weniger als 100 Meter.
 
 
Also heute. Im Verlauf des Vormittags wurde es ein bißchen wärmer, sodaß es eine angenehme schnelle Segelei wurde. Sonst kaum einer unterwegs. Rufe per Funk ein passierendes Polizeiboot an und bitte um Information, ob die Drei-Farben-Laterne im Top geht. Tut sie nicht! Da muß ich dann in den nächsten Tagen mal rauf und werde auch gleich die Leine für die Vorsegelpersenning durch den Block dort oben ziehen. 

(Das Bild ist leider 2x komprimiert. Ersetz ich aber durch ein besseres.)


 
 
 

Da mir der Hafenmeister einen Preis von 80 €  bei Vorauszahlung für den ganzen Monat macht und der Strom inclusive ist, werd ich wahrscheinlich länger bleiben. Ich kann mit dem Heizlüfter zum Dieselofen, der die Luft trocknet, zuheizen, sodaß sich die Liegekosten dadurch minimieren. Außerdem ist die Versorgung sehr gut, Aldi, Lidl, action und weitere Supermärkte sind da und eine Tankstelle mit Petroleum und Heizöl.

Mit dem Vercharterer im Hafen hier habe ich ausgemacht, daß ich bei Bedarf helfe, ich denke, daß ich dabei ein wenig verdienen kann. Ansonsten will ich hier noch weitere Arbeiten am Schiff erledigen, zum Beispiel muß das Spiel im Umlenkgetriebe des Ruders eingestellt werden und dazu muß das Getriebe ausgebaut werden. Aber kein Problem.



Dezember 2004

Nach fast einem Jahr unterwegs ist nun Zeit für eine Bilanz.

Das Boot ist innen riesig und außen nicht entsprechend groß. Jeder schätzt es länger, als es tatsächlich ist. Da aber das Länge/Breite-Verhältnis ungünstig ist, ist es relativ langsam ("Länge läuft"). Durch die Spantenform segelt es aber ziemlich ruhig. Deshalb komme ich, auch wenn ich von anderen Booten überholt werde, doch meistens erheblich fitter als diese an, eben weil die Bewegungen im Seegang ruhiger sind als bei schnellen Booten. Auch das hohe Gewicht trägt dazu bei. Also ein guter Kauf?
Ja, teilweise!
Bis auf die nicht funktionierenden Gerätschaften (was dem Vorbesitzer teilweise bekannt war, ich aber blauäugig nicht sofort überprüfte und reklamierte. Klassisch!)

1. Windgenerator. Da hatte sich eine Kohlenbürste am Azimutlager gelöst, was ihn völlig unwirksam machte, da keine Verbindung zu den Batterien bestand. Konnte ich reparieren, nachdem ich es gemerkt hatte.

2. Der Außenbordmotor für das Dingi lief ohne Kühlung und wurde viel zu heiß. Auch das stellte ich noch in Speyer auf der Werft fest. Nachdem ich ihn zerlegt hatte, ergab sich, daß der Impeller für das Kühlwasser zerbröselt war und ein Stück sich vor den Eingang des Kühlwasserkanals gelegt hatte. Dem Zustand des Getriebeöls nach war der Motor seit einigen Jahren nicht mehr gewartet worden. (Deckt sich auch mit der Nichtwartung der Rettungsinsel und der Automatikschwimmweste). Konnte ich auch reparieren.

3. Honda-Generator. Das gleiche Bild! Hier war die Hauptdüse zugesetzt, sodaß auch ganz frischer Treibstoff ihn nicht zum Laufen gebracht hätte. (Gruß an Helmut Schmitz, der mir weismachen wollte, daß es damit gehen würde. Er wußte demnach, daß der Generator nicht ging!!). Konnte ich reparieren.

4. Batterieladung. Der angeblich vorhandene Hochleistungsregler der Lichtmaschine existierte nicht. (Da wurde Helmut selbst vom Monteur verarscht, der ihm den Einbau in Rechnung stellte?). Und: Selbst nach tagelanger Fahrt mit Motor leerten sich die Batterien zügig, sodaß regelmäßig Landstrom angesagt war (siehe Kanalbericht). Also funktionierte die komplette Batterieladung nicht. Konnte ich reparieren.

5. Primärkühlwasser. Obwohl das Vorsieb regelmäßig gereinigt worden war (glaube ich dem Vorbesitzer), fanden sich Reste von Opferanoden und anderer Schmitz vor dem Rohrbündel des Ölkühlers, was dann zum Ausfall der Kühlung auf der Rhône führte (siehe Kanalbericht). Konnte ich reparieren.

6. Radar. Völlig hinüber. Laut Servicebetrieb nur für mindesten 1500 Euro in Gang zu bringen (neue gibt's ab 1400 Euro), weil die Antenne und das Sichtgerät defekt sind. Jetzt weiß ich auch, warum der Vorbesitzer bei der Besichtigung in Porto Cristo meinte, da würde ich nichts sehen. Ich dachte damals an die Hafenbedingungen mit engen hohen Felsen und dicht liegenden anderen Segelbooten.

Daraus ergibt sich - wenn ich trotz allem wohlmeinend an die Sache herangehe - , daß das Boot verkauft wurde, weil der Vorbesitzer mit dem Unterhalt des Bootes heillos überfordert war, indem er die Wichtigkeit der Instandhaltung aller Komponenten nicht erkannte oder erkennen wollte, und deshalb die zu erwartenden Gesamtkosten für die anstehenden Arbeiten immer weiter stiegen. Wären die Arbeiten zur Instandhaltung (sic!) regelmäßig gemacht worden, wären sie über das bei solchen Segelyachten übliche Maß nicht hinausgegangen.
Pech für mich, da war ich zu blauäugig. So blieb das an mir hängen.
Zurückblickend muß ich dem Sachverständigen Recht geben, der den Wert des Bootes deutlich niedriger geschätzt hatte. Wie gesagt, klassisch!
Da hat Helmut Glück gehabt!
Allerdings trage ich ihm nichts nach, wie sollte ich auch.
Jetzt funktioniert alles und so langsam friert draußen der Hafen zu (27.12.).
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Im Frühjahr geht's weiter, nach Dänemark, nehme ich mal an.



Samstag, 08.01.2005
Ein Orkantief streift die Niederlande. Um 3h30 wache ich auf. Der Wind kommt aus SW den Hafen hoch und damit der Cumulus fast genau auf den Bug. Trotz Ruckdämpfer in den Festmachern gibt es immer wieder abrupte Stoppbewegungen, wenn die Dämpfer am Ende ihrer Dehnbarkeit sind. Das schüttelt mich jedesmal in der Koje hin und her (ich liege in der Bugkajüte). Das sehe ich mir eine Zeitlang an und verziehe mich dann in die Achterkajüte. Dort kann ich wenigstens zwischen den härtesten Böjen in Intervallen schlafen, stehe dann aber doch um 6 auf und koche mir einen ordentlichen Kaffee. So gegen 9 schaue ich grad zum Bug, als ich sehe, wie die Vorsegelpersenning oben am Masttop reißt. Bevor ich noch was unternehmen kann, zerfetzt die Persinning über die ganze Länge. Die Reste knallen im Wind. Als ich sie geborgen habe, stelle ich fest. daß neben den Rissen oben der Reißverschluß auf seiner gesamten Länge von über 10 Metern aus den Nähten geflogen ist. Da habe ich in den nächsten Tagen ordentlich was zu nähen..

Ansonsten keine weiteren besonderen Vorkommnisse.



Mittwoch, 02.03.2005
Morgens aufgewacht bei 45 cm Neuschnee auf dem Schiff. In Heeg, 15 km weiter, soll es lt. Nachrichten ein halber Meter sein. Musste eine Schneeschippe basteln und 100 m Trampelpfad über den Steg bis zur nächsten geräumten Stelle am Ufer freimachen. Das Hafenbecken ist vollständig zugesulzt und zugeeist.
 

Jetzt am Donnerstag scheint aber die Sonne. Traumhaftes Wetter. Zehn Zentimeter dickes Eis, in das das Schiff eingefroren ist. Wenn bei Tauwetter der Wind aus SüdWest kommt (den Hafen entlang), gibt's Probleme mit Eisdruck.


zum Logbuch November 2004