Donnerstag | 04.11. | Enkhuizen - Lemmer |
Wollte schon gestern fahren, war aber nebelig, Sicht weniger als 100
Meter.
Also heute. Im Verlauf des Vormittags wurde es ein bißchen wärmer,
sodaß es eine angenehme schnelle Segelei wurde. Sonst kaum einer
unterwegs. Rufe per Funk ein passierendes Polizeiboot an und bitte um Information,
ob die Drei-Farben-Laterne im Top geht. Tut sie nicht! Da muß ich
dann in den nächsten Tagen mal rauf und werde auch gleich die Leine
für die Vorsegelpersenning durch den Block dort oben ziehen.
(Das Bild ist leider 2x komprimiert. Ersetz ich aber durch ein besseres.) |
Da mir der Hafenmeister einen Preis von 80 € bei Vorauszahlung für den ganzen Monat macht und der Strom inclusive ist, werd ich wahrscheinlich länger bleiben. Ich kann mit dem Heizlüfter zum Dieselofen, der die Luft trocknet, zuheizen, sodaß sich die Liegekosten dadurch minimieren. Außerdem ist die Versorgung sehr gut, Aldi, Lidl, action und weitere Supermärkte sind da und eine Tankstelle mit Petroleum und Heizöl.
Mit dem Vercharterer im Hafen hier habe ich ausgemacht, daß ich bei Bedarf helfe, ich denke, daß ich dabei ein wenig verdienen kann. Ansonsten will ich hier noch weitere Arbeiten am Schiff erledigen, zum Beispiel muß das Spiel im Umlenkgetriebe des Ruders eingestellt werden und dazu muß das Getriebe ausgebaut werden. Aber kein Problem.
Nach fast einem Jahr unterwegs ist nun Zeit für eine Bilanz.
Das Boot ist innen riesig und außen nicht entsprechend groß.
Jeder schätzt es länger, als es tatsächlich ist. Da aber
das Länge/Breite-Verhältnis ungünstig ist, ist es relativ
langsam ("Länge läuft"). Durch die Spantenform segelt es aber
ziemlich ruhig. Deshalb komme ich, auch wenn ich von anderen Booten überholt
werde, doch meistens erheblich fitter als diese an, eben weil die Bewegungen
im Seegang ruhiger sind als bei schnellen Booten. Auch das hohe Gewicht
trägt dazu bei. Also ein guter Kauf?
Ja, teilweise!
Bis auf die nicht funktionierenden Gerätschaften (was dem Vorbesitzer
teilweise bekannt war, ich aber blauäugig nicht sofort überprüfte
und reklamierte. Klassisch!)
1. Windgenerator. Da hatte sich eine Kohlenbürste am Azimutlager gelöst, was ihn völlig unwirksam machte, da keine Verbindung zu den Batterien bestand. Konnte ich reparieren, nachdem ich es gemerkt hatte.
2. Der Außenbordmotor für das Dingi lief ohne Kühlung und wurde viel zu heiß. Auch das stellte ich noch in Speyer auf der Werft fest. Nachdem ich ihn zerlegt hatte, ergab sich, daß der Impeller für das Kühlwasser zerbröselt war und ein Stück sich vor den Eingang des Kühlwasserkanals gelegt hatte. Dem Zustand des Getriebeöls nach war der Motor seit einigen Jahren nicht mehr gewartet worden. (Deckt sich auch mit der Nichtwartung der Rettungsinsel und der Automatikschwimmweste). Konnte ich auch reparieren.
3. Honda-Generator. Das gleiche Bild! Hier war die Hauptdüse zugesetzt, sodaß auch ganz frischer Treibstoff ihn nicht zum Laufen gebracht hätte. (Gruß an Helmut Schmitz, der mir weismachen wollte, daß es damit gehen würde. Er wußte demnach, daß der Generator nicht ging!!). Konnte ich reparieren.
4. Batterieladung. Der angeblich vorhandene Hochleistungsregler der Lichtmaschine existierte nicht. (Da wurde Helmut selbst vom Monteur verarscht, der ihm den Einbau in Rechnung stellte?). Und: Selbst nach tagelanger Fahrt mit Motor leerten sich die Batterien zügig, sodaß regelmäßig Landstrom angesagt war (siehe Kanalbericht). Also funktionierte die komplette Batterieladung nicht. Konnte ich reparieren.
5. Primärkühlwasser. Obwohl das Vorsieb regelmäßig gereinigt worden war (glaube ich dem Vorbesitzer), fanden sich Reste von Opferanoden und anderer Schmitz vor dem Rohrbündel des Ölkühlers, was dann zum Ausfall der Kühlung auf der Rhône führte (siehe Kanalbericht). Konnte ich reparieren.
6. Radar. Völlig hinüber. Laut Servicebetrieb nur für mindesten 1500 Euro in Gang zu bringen (neue gibt's ab 1400 Euro), weil die Antenne und das Sichtgerät defekt sind. Jetzt weiß ich auch, warum der Vorbesitzer bei der Besichtigung in Porto Cristo meinte, da würde ich nichts sehen. Ich dachte damals an die Hafenbedingungen mit engen hohen Felsen und dicht liegenden anderen Segelbooten.
Daraus ergibt sich - wenn ich trotz allem wohlmeinend an die Sache herangehe
- , daß das Boot verkauft wurde, weil der Vorbesitzer mit dem Unterhalt
des Bootes heillos überfordert war, indem er die Wichtigkeit der Instandhaltung
aller
Komponenten nicht erkannte oder erkennen wollte, und deshalb die zu erwartenden
Gesamtkosten für die anstehenden Arbeiten immer weiter stiegen. Wären
die Arbeiten zur Instandhaltung (sic!) regelmäßig gemacht worden,
wären sie über das bei solchen Segelyachten übliche Maß
nicht hinausgegangen.
Pech für mich, da war ich zu blauäugig. So blieb das an mir
hängen.
Zurückblickend muß ich dem Sachverständigen Recht geben,
der den Wert des Bootes deutlich niedriger geschätzt hatte. Wie gesagt,
klassisch!
Da hat Helmut Glück gehabt!
Allerdings trage ich ihm nichts nach, wie sollte ich auch.
Jetzt funktioniert alles und so langsam friert draußen der Hafen
zu (27.12.).
-
Im Frühjahr geht's weiter, nach Dänemark, nehme ich mal an.
Ansonsten keine weiteren besonderen Vorkommnisse.
Jetzt am Donnerstag scheint aber die Sonne. Traumhaftes Wetter. Zehn
Zentimeter dickes Eis, in das das Schiff eingefroren ist. Wenn bei Tauwetter
der Wind aus SüdWest kommt (den Hafen entlang), gibt's Probleme mit
Eisdruck.